"Mein Augenmerk liegt in erster Linie auf der Art und Weise “wie" man musikalisch agiert. Als Dirigent sehe ich meine Aufgabe vor Allem darin, jedem Einzelnen im Ensemble zu ermöglichen, von jedem Punkt eines Stückes aus immer adäquat mitgestalten zu können, d.h. die eigenen musikalischen und technischen Fähigkeiten aus dem spontanen Erleben heraus einzubringen. Dabei geht es um das Verständnis des Einzelnen für seine Funktion innerhalb des Ganzen. Ich bin geleitet von dem Gedanken, dass es nur eine einzige Möglichkeit gibt, die Bezüge zwischen den musikalischen Erscheinungen eines Werkes so herzustellen, dass das im Material enthaltene Wesen einer Komposition sich manifestieren kann. Deshalb ist Musik auch nicht interpretierbar. Jeder guten Komposition liegt eine eindeutige, einmalige Aussage des Komponisten zugrunde. Die zu verstehen, sich anzueignen und wieder neu entstehen zu lassen, ist die Basis meiner musikalischen Arbeit. Die wechselnden äußeren Bedingungen und die zur Verfügung stehenden Mittel diesem Ideal unterzuordnen, darin liegt für jeden Musiker eine immer währende Herausforderung.“
Thomas Hanelt erhielt seine Ausbildung am Dr. Hoch's Konservatorium in Frankfurt am Main und an der Hochschule für Musik uns darstellende Kunst in Heidelberg/Mannheim mit dem Schwerpunkt Chor- und Orchesterleitung. Schon während des Studiums war er aktiver Teilnehmer bei Meisterkursen am Konservatorium in Wien, an der Bachakademie in Stuttgart und bei den Masterplayers in
Lugano. Danach wurde er Schüler von Sergiu Celibidache in München und in Mainz und erhielt hier die entscheidenden Impulse für seine musikalische Arbeit. Im dem neunziger Jahren arbeitete er drei Jahre in Folge für das Internationale
Schleswig Holstein Musikfestival und assistierte dort den größten Dirigenten und Musikern dieser Zeit, darunter Yehudi Menuhin, Mtslaw Rostropowitsch, Sir Georg Solti und Lorin Maazel, um nur einige zu nennen.Er assistierte Maazel auf einer Europatournee und besuchte dessen Conducting Masterclass in Pittsburgh/USA. Von der Renaissance bis zur zeitgenössischen Musik fühlt er sich in allen Epochen und vielen Genres zu Hause. Er dirigierte die europäische Erstaufführung der zeitgenössischen amerikanischen Oper „Washington Square“ von Thomas Pasatieri.
Gemeinsam mit dem Klarinettisten Giora Feidman realisierte er ein Konzert zum 70 Jahrestag der Reichspogromnacht bei dem eigens dafür geschriebene Chorwerke der israelischen Komponistin Ora Bat Chaim unter seiner Leitung zur Aufführung kamen.
Seit vielen Jahren arbeitet er mit vielen Frankfurter Kulturinstitutionen zusammen. Dazu gehören Projekte des Ensemble Modern, der Fliegenden Volksbühne mit Michael Quast oder auch des Theaters Willy Praml.
Mit dem Motettenchor Frankfurt hat er seit 1991 unzählige a-cappella Werke und die große Oratorien im In und Ausland aufgeführt, darunter auch viele Uraufführungen. In den Programmen der Reihe „Chormusik und Literatur“ des Motettenchores Frankfurt sucht er immer wieder nach neuen Präsentationsmöglichkeiten und Gegenüberstellungen. Viele große deutsche Sprecher und Schauspieler haben hier mitgewirkt, darunter auch die unvergesslichen Karl Michael Vogler und Otto Sander.
Dass daraus eine besondere musikalische Bandbreite resultiert liegt in der Natur der Sache. An dieser genreübergreifenden Arbeit lässt sich eine Vielseitigkeit ablesen, die für die musikalische Arbeit von Thomas Hanelt maßgeblich ist. Aus seiner Mitarbeit als Chorleiter und Stimmbildner beim Tölzer Knabenchor und seiner eigenen Gesangsausbildung bei dem großen deutschen Wagnersänger Tenor Robert Schunk, zog er die wesentlichen Impulse für seine stimmbildnerische Arbeit, die er in Kursen und Workshops weitergibt.
Er ist Initiator und Leiter des jährlich stattfindenden Frankfurter Singalong, bei dem mittlerweile mehr als 4000 Chorsängerinnen und Sänger aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland teilgenommen haben. Seit 2004 wurden viele seiner eigenen Chorkompositionen bei verschiedenen internationalen Verlagen veröffentlicht und bisher in vier Kontinenten von renommierten Ensembles aufgeführt, darunter auch seine Chorbearbeitung von Schuberts Winterreise in der Philharmonie in Berlin, oder die Uraufführung des Laudate Dominum im National Music Center in Taipeh.
Er selbst war mit verschiedenen Ensembles in vielen europäischen Großstädten in den großen Konzertsälen wie etwa dem Palau de la Musica in Barcelona oder auch im Teatro Municipal in Rio de Janeiro zu Gast.
Mitschnitte von Konzerten und CD Aufnahmen wurde vom Hessischen Rundfunk und vom SWR produziert. Er ist Autor der ZDF/3SAT Dokumentation „Unsere Stimme“.
2013 entdeckte er die bis dahin verschollene Oper Carlo Magno von Giuseppe Nicolini in einer norditalienischen Musikbibliothek. Seither arbeitet er an einer Neuausgabe und leitete anlässlich des Karolingerjahres 2014 nach fast 200 Jahren mehrere konzertante Wiederaufführungen mit internationalen Solisten.
Thomas Hanelt